Mit unseren Rucksäcken und Proviant für zwei Tage sind wir am Freitag
Nachmittag vom Hostel mit der Metro zum Beijinger Westbahnhof gefahren.
In voller Montur und in vollen Metros ist man richtig froh, wenn man
diese erste Etappe geschafft hat. Mit dem Voucher für die Zugtickets,
mit den Ausdrucken vom Tibet Travel Permit und den Reisepässen haben wir
dann unsere Zugtickets abgeholt. Alles lief soweit reibungslos, was
einen schon mal ein bisschen skeptisch macht. Danach kommt die üblichen
Tickets-, Pass- und Gepäckkontrolle. Der Wartesaal war schon voll,
einige standen schon vorm Ausgang, andere hatten auf den Gepäcksäcken
kleine Sitzecken eröffnet, weitere machten noch einen kurzen
Gesundheitsschlaf. Wir haben noch ein paar Sitze ergattert und gönnten
uns einen Abendsnack.
Circa eine halbe Stunde vor Abfahrt wurde der Zugang zu den Gleisen
geöffnet, nicht ohne nochmal Pass und Fahrkarte zu kontrollieren.
Diesesmal hatten wir die zwei mittleren und die zwei oberen Betten im
Hard Sleeper Abteil. Irgendwie kam uns das ganze surreal vor. Lange
hatten wir uns diese Zugfahrt gewünscht, nun saßen wir da und warteten
gespannt auf die Abfahrt. Pünktlich um 20:00 Uhr fuhr der Zug los und
wir verließen den Beijinger Westbahnhof. Nachts war nicht mehr viel zu
sehen. Genau so pünktlich wie die Abfahrt werden um 22:00 Uhr die
Lichter ausgemacht.
Am nächsten Tag fährt der Zug durch leicht verschneite Täler, dann durch
Berge und trockene Reisfelder. Strommasten sind dauerd zu sehen. Beim
Fotografieren aus dem fahrenden Zug mogeln sie sich fast immer ins Bild.
Man sieht Windräder und Brücken, und eine Menge Baustellen. Meistens
werden Hochhäuserkomplexe gebaut. Im Zug wird viel Teegetrunken. Auch
Fertigsuppen sind sehr populär. Wir sind hier gar nicht aufgefallen, was
das Essen anbelangt. Ansonsten wären wir die einzigen Langnasen. Immer
wieder kommt ein Verkäufer mit Getränken und Essen vorbei, der genau
zwischen Wand und Klappsitzen durchpasst. Man hat reichlich Zeit zum
Lesen, Musik hören, Karten spielen, schlafen oder all das zu beobachten.
In der zweite Nacht merkt man dann schon, warum die Klasse "Hard
Sleeper" genannt wird. Leider haben wir den höchsten Pass - über 5000 m -
gegen 7:00 Uhr morgens verschlafen. Der Zug arbeitet sich von Hochebene
zu Hochebene, mal rauf, mal runter. Die kahle Landschaft besteht aus
Bergen und langgezogenen Prärien, auf denen immer wieder Yaks und Schafe
am kurzen, braungrünen Gras rupfen. Dann fährt der Zug an riesigen Seen
entlang. Oft sieht man kleine Polizeiposten. Mancher salutiert, wenn
der Zug vorbeifährt, andere liegen in Decken eingehüllt und warten auf
die Ablösung.
Und plötzlich ist man am Ziel. Der Zug fährt langsamer, alle Packen ihre
Sachen zusammen und der Schaffner sammelt nochmal den Müll ein. Der
große, moderne Bahnhof ist kurz wieder lebendig. Noch eine Kontrolle am
Ausgang, Pässe, Travel Permit. Bitte folgen Sie der netten Polizistin.
Die Pässe werden eingescannt, der Travel Permit kopiert. Stempel,
Stempel, fertig. Der Zug kam etwas früher an, so dass wir auf unseren
Guide noch warten mussten. Der kam aber bald und begrüßte uns mit
Willkommensschaals. Willkommen in Tibet!
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